Naturtalent mit Bodenhaftung

Die Neue Westfälische führt auch in diesem Jahr die Gütersloher Sportlerwahl durch. In vier Kategorien wurden von der Lokalsportredaktion jeweils vier Kandidaten nominiert. Bis zum Abschluss der Wahl werden alle in der NW ausführlich vorgestellt und im Internet gesammelt vorgehalten. Den Stimmzettel kann man online ausfüllen: www.nw-news.de/sportlerwahl

Hier der NW-Bericht über Mirko:


Naturtalent mit Bodenhaftung
Gütersloher Badmintonspieler Mirko Brüning ist die Nummer 5 der U15-Rangliste

"Junge, warum hast du nichts gelernt." Diese Textzeile aus dem aktuellen Hit der "Ärzte" kann Mirko Brüning singen, ohne sich irgendwie angesprochen zu fühlen.
Der Badmintonspieler des BSC Gütersloh ist alles andere als ein Typ, der aus seinem Leben nichts macht. Kurz vor Jahresschluss gewann der 14-Jährige das deutsche Ranglistenturnier in der Altersklasse U 15, in der Gesamtwertung von insgesamt drei Turnieren wird er auf Platz fünf gelistet. Im Doppel liegt er mit seinem Partner Christoph Mester (Münster) sogar ganz vorne. Die Leser der NW haben es in der Hand, diese Leistung bei der Sportlerwahl 2007 zu honorieren.

Nach dem Sieg im Doppel gleich beim ersten Turnier brauchte Mirko Brüning im Einzel zwei weitere Anläufe, um seine Konkurrenten auch in der bedeutendsten Disziplin zu deklassieren. Zwei sechste Plätze zuvor hatten ihm schon das Gefühl gegeben "es schaffen zu können" – zumal die beiden Sieger im hessischen Groß-Zimmern nicht mehr startberechtigt waren. Mirko erwischte einen Sahne-Tag. Ohne Satzverlust überstand er die Vorrunde, im Finale der besten Vier musste er einmal zittern. Gegen den favorisierten Dennis Spengler (Berlin) lag er im 3. Satz bereits 3:11 zurück. "Andere hätten da schon aufgegeben", sagt er. Mirko Brüning kämpfte, gewann 22:20.

Für seinen Sohn ein typischer Spielverlauf, meint Vater Burkhard (44), der einspringt, als die Frage nach Mirkos Stärken beantwortet werden soll. "Er kann sich optimal auf seinen Gegner einstellen", sagt der Vater. Mirko nickt zustimmend. Auch die Charakterisierung, er sei ein Spätstarter, für den es im dritten Satz immer besser laufe als im ersten, kann Mirko vorbehaltlos unterschreiben.

"Die Schule geht vor"
Für einen der besten deutschen Badmintonspieler in seinem Alter wirkt Mirko Brüning äußerst reserviert, wenn er über seine Ambitionen spricht. Was vermutlich mit dem Sport selber zusammen hängt. Geld lässt sich in Deutschland damit nicht verdienen, ein gesunder Realitätssinn schadet daher nicht. "Die Schule geht vor", sagt er und Mutter Kirsten (44) unterfüttert diesen Satz: "Wenn er am Freitag wegen eines Turniers fehlt, muss er das nacharbeiten." Grund zum Klagen wie "Die Ärzte" in ihrem Lied hat sie aber nicht. Der Achtklässler des Evangelisch Stiftischen Gymnasiums zählt zu der Kategorie von Schülern, die ohne Probleme mitkommen.

Abstimmung
Beim Badminton muss er sich überraschend wenig strecken, um Top-Leistungen zu bringen. Sein Trainingseinsatz pendelt sich auf einem eher bescheidenem Level ein. "Mirko lebt von seinem Talent", weiß der Vater. Montags coacht ihn BSC-Trainer Björn Bennefeld, es folgt eine Einheit beim Landestrainer Stefan La Rocca im NRW-Stützpunkt Rheda-Wiedenbrück und ein Abend im Kraftraum. "Fast alle anderen Spitzenspieler sind täglich in der Halle", sagt Mirko Brüning.

Er selber befürchtet, bei einem derartig großen Pensum die Lust an seinem Hobby zu verlieren. Daher scheut er den Schritt, seine Heimatstadt zu verlassen und auf ein Sportgymnasium zu wechseln, wo er umfassend gefördert werden würde. "Ich fühle mich in Gütersloh sehr wohl", sagt er. Für diese räumliche Geborgenheit nimmt er einen Abstrich gerne in Kauf. Da er nicht in einem Leistungszentrum wie Mülheim trainiert, erfüllt er nicht die Bedingung, für das deutsche Talentteam nominiert zu werden.

Als Ranglistensieger konnte der Verband Mirko Brüning jetzt aber nicht mehr umgehen. Wie 15 weitere Jungen und Mädchen bekam Deutschlands aktuelle Nummer fünf eine Einladung zum 8-Nationen-Turnier in der Schweiz – dem wichtigsten Wettbewerb für U 15-Spieler. Außer Mirko Brüning kommt nur ein Teilnehmer aus der Badminton-Provinz, wozu Gütersloh nach den Kriterien des Verbandes zählt.

Fußball "zu brutal und zu anstrengend"
Warum er gerade mit dem Federball so gefühlvoll umgehen kann, weiß niemand aus der Familie schlüssig zu beantworten. Fest steht nur, dass dem Rechtshänder die imposante Körpergröße von 1,86 Meter beim Angriffsspiel entgegenkommt. In die Wiege gelegt wurde ihm der Sport nicht. Vater und Mutter sind eher dem Volleyball zugeneigt, er selber versuchte es zunächst "wie jeder Junge" auf dem Fußballplatz. Schnell fand er es dort aber "zu brutal und zu anstrengend", berichtet Mirko.

Glücklicherweise entdeckte Vater Burkhard beim Federball im Garten Mirkos wahres Talent. "Er hat auf Anhieb jeden Ball getroffen", erinnert sich Burkhard Brüning. Obwohl mit neun Jahren eigentlich noch zu jung, schaffte es der Anfänger beim ersten Probetraining, den damaligen BSC-Nachwuchstrainer Karl Düspohl sofort zu begeistern. "Aus dir wird mal ein ganz Großer", gab er Mirko mit auf dem Weg. Schnell kamen die Erfolge. Schon im gleichen Jahr gewann er als Kreismeister den ersten Pokal. Inzwischen zieren insgesamt 31 Trophäen sein Jugendzimmer, wie Bruder Yanik (9) schnell nachzählt. Im Kreis Gütersloh fehlt Mirko in seiner Altersklasse seit Jahren die Konkurrenz. Um etwas gefordert zu werden, misst er sich bei Turnieren immer mit dem nächsthöheren Jahrgang. Schon bald hofft er, mit den besten Senioren in seinem Verein mithalten zu können. Den Sprung in die Verbandsligamannschaft des BSC visiert er als ein Ziel für 2008 an.

Auch wenn Sport und Schule seinen Rhythmus prägen, bleibt noch etwas Zeit für ein Hobby. Am Keyboard spielt Mirko Brüning gerne aktuelle Hits nach, Mutter Kirsten begleitet ihn ab und zu mit ihrer Gitarre. Zum Repertoire gehören natürlich auch "Die Ärzte", eine andere Lieblingsband will Mirko partout nicht einfallen. Seine Mutter hilft ihm auf die Sprünge: "Die Sportfreunde Stiller mag er." Das Lied von der Weltmeisterschaft stimmt Mirko Brüning aber lieber nicht an. Allein schon die Schuhgröße 46,5 sorgt bei dem Gütersloher für genügend Bodenhaftung.



Carsten Biermann (überarbeitet von Monika)


Erscheinungsdatum: Freitag, 4. Januar 2008, 00:09 Uhr







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