Federleichter Höhenflug

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Alle zwei Jahre bläst Mirko Brüning zum Angriff. Nicht, dass er zwischendurch das Bedürfnis hätte, sich auszuruhen. Die Altersklasseneinteilung im Badminton gibt diesen Rhythmus vor. So wie der Nachwuchsspieler des BSC Gütersloh als 14-Jähriger die U 15 aufmischte, schrieb er als 16-Jähriger in der U 17 Schlagzeilen. "Wenn man zum älteren Jahrgang gehört, hat man es leichter", erklärt er. Dazu passend steht er nach einjähriger Pause wieder in der Kandidatenliste der Sportlerwahl.

Ohne Einschränkung zählt Mirko Brüning zu den hoffnungsvollsten Talenten, die im deutschen Badmintonsport heranwachsen. Im Einzel wird er in der aktuellen Rangliste als Nummer zwei geführt, im Doppel mit seinem Partner Christoph Mester (TV Emsdetten) auf Position vier. Diese Top-Platzierungen erarbeitete er sich auf den beiden Ranglistenturnieren Ende vergangenen Jahres, von denen er sowohl im Doppel als auch im Einzel jeweils das zweite gewann. "Meine absoluten Highlights", erinnert er sich.

Im hessischen Groß-Zimmern war er fast selber von seiner Form überrascht. In der Endrunde deklassierte er seine drei Gegner ohne Satzverlust – und revanchierte sich damit für die Niederlagen gegen Morten Daugaard-Hansen (Delmenhorster FC) und Francis Karge (Empor Rostock), die einige Wochen zuvor in Leverkusen noch zu stark für ihn waren. Lediglich Kai Schäfer (SV Fun Ball Dortweil) beendete das Jahr vor dem Gütersloher. "Gegen den habe ich aber auch schon gewonnen", verweist die aktuelle Nummer zwei auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Spitzenposition.

Nun könnte man meinen, dass ein so erfolgreicher Sportler entsprechend enthusiastisch von seinen Erlebnissen schwärmt. Aber Mirko Brüning steht die Gelassenheit, mit der er so manches enge Match für sich entscheidet, förmlich ins Gesicht geschrieben. Ohne mit der Wimper zu zucken berichtet er von seinen Erfolgen als hätte er seinen kleinen Bruder bei einer Partie Mühle geschlagen. Entspannt legt er während des Gesprächs im elterlichen Wohnzimmer die Füße hoch, was ihn irgendwie sympathisch macht. Ein cooler Typ eben, der lieber mit Tatsachen als mit Worten prahlt. Und als die dem Sohnemann irgendwann mal ganz ausgehen, springt Vater Burkhard (46) ein: "Mirko ist mental sehr stark", sagt er – und das glaubt man ihm aufs Wort.

In Mirko Brüning vereinigen sich gleich mehrere Talente, die er beim Badminton perfekt einzusetzen weiß. So liebt er Schach, was auf ein gutes strategisches Denkvermögen schließen lässt. Als Skatspieler verfügt er über die nötige Abgezocktheit, als passionierter Skifahrer ("Immer den Berg runter") steht er sicher auf den Beinen. Fehlt noch die Kreativität, die es braucht, um sich in Sekundenbruchteilen für einen unberechenbaren Schlag zu entscheiden. Und die holt er sich in der Musik. "Ich spiele Keyboard", sagt er. Sein derzeitiges Faible: Techno. "Bis der Großvater sich beschwert", scherzt Burkhard Brüning. Techno ist aber nicht nur laut, sondern auch schnell, genauso wie Badminton. Ein weiteres Teil passt also in das Puzzle. Tempo, Technik, Taktik, Nervenstärke – all das macht einen perfekten Badmintonspieler aus. "Der Reiz liegt in der Vielseitigkeit", erklärt Mirko Brüning, warum er sich diesen anstrengenden und intensiven Sport ausgesucht hat. Pausen werden sofort mit Punktverlusten bestraft. Wer nicht auf die Sekunde topfit ist, kann das Feld eigentlich schon vor dem ersten Aufschlag wieder verlassen.Trotz seiner zur Schau gestellten Coolness fällt Mirko Brüning der Erfolg natürlich nicht von selber in den Schoß. Bis zu sechs Traningseinheiten pro Woche investiert er in sein Hobby. Zwei bei seinem Heimatverein BSC Gütersloh, wo er von Coach Björn Bennefeldt "viel lernt", wie er sagt. Zusätzlich fährt er zum Leistungsstützpunkt nach Mülheim. Nur dort hat er die Chance, sich mit Gleichaltrigen zu messen. Wichtig, um das in der Jugend hohe Tempo gehen zu können. Den letzten Schliff holt er sich im Fitness-Studio. "Das bringt mir richtig viel", erklärt er. Zwar sind Mirko Brüning mit einem Gardemaß von 1,94 Meter die körperlichen Voraussetzungen schon von Natur aus gegeben. Seitdem er seine Muskeln trainiert, weiß er seine Reichweite aber noch effektiver einzusetzen. "Außerdem mindert es die Verletzungsgefahr."

Den veränderten und intensivierten Trainingsplan sieht Mirko Brüning als Grund, warum 2009 aus einem Spieler, dessen Stärken eher im Doppel lagen, ein Einzelspezialist geworden ist. Die Initialzündung gab Coach Bennefeldt, der seinen Schützling antrieb, den Schwerpunkt auf die wichtigere Einzeldisziplin zu legen. Zu dem Plan zählte auch die Maßnahme, Brüning im Verbandsligateam des BSC auf Position eins zu setzen. Gegen häufig doppelt so alte Konkurrenten lernte er dort, mit Ruhe und Geduld einen Ballwechsel zu Ende zu spielen. Obwohl er mit bisher nur zwei Niederlagen die Erwartungen übertraf, kann die Mannschaft um Routinier Ralf Löffler den Aufstieg aber nicht mehr schaffen. "Schade", sagt Mirko Brüning und schiebt seine Erwartung hinterher, den Sprung in die Oberliga nächste Saison nachzuholen. Bis zu seinem Abitur will der Zehntklässler des Evangelisch Stiftischen Gymnasiums auf jeden Fall in Gütersloh spielen, die Verbandsliga könnte da schon bald langweilig werden. Was nach dem BSC folgen soll, ist ebenfalls schon klar: "Erste oder zweite Bundesliga."

Dieses Ziel hätte Mirko Brüning forcieren können, indem er auf das Sportinternat in Mülheim gewechselt wäre. Doch da die Ausbildung absolute Priorität genießt, entschied er sich gegen diesen Schritt. "Geld kann man mit Badminton schließlich nicht verdienen", weiß er. Immerhin wurde sein Erfolg ein wenig von einem Sponsor honoriert. Schuhe, Kleidung und Racket stiftet der Sportartikelhersteller "Victor" – bei einem Schlägerpreis von knapp 200 Euro ein lukratives Geschäft. "Da trage ich die Sachen doch gerne", sagt Mirko Brüning und lächelt etwas verlegen, als müsse er sich dafür schämen, Werbung zu machen.

Sein Selbstbewusstsein offenbart sich aber schnell wieder. Vom 12. bis 14. Februar gilt es, die hervorragende Saison bei den Deutschen Meisterschaften in Wesel zu krönen. In beiden Disziplinen visiert er das Podest an: "Ein erster Platz sollte dabei sein." Anschließend wechselt Mirko Brüning in die Altersklasse U 19, wo er als jüngerer Jahrgang wohl zunächst nicht ganz oben mitmischen kann. "Das wird auf jeden Fall schwer", glaubt er. Aber der Plan sieht ja auch vor, erst 2012 wieder die nächsten Highlights zu setzen.




Neue Westfälische, Foto von HENRIK MARTINSCHLEDDE


Erscheinungsdatum: Sonntag, 17. Januar 2010, 11:02 Uhr







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